Stirlingtechnik: spielerisch Kreisprozesse verändern

Mrz 1, 2022

An alle Physik-Studenten, Thermodynamik-Freaks oder einfach an Technik-Fans, die Interesse an Gasprozessen, deren Entstehung und Auswirkungen haben: Unser Leiter QM und Konstruktion, Herr Franz Diermaier, stellt Ihnen ein Excel-Berechnungstool zur Verfügung, mit dem Sie erstaunliche Wirkungen erzielen können. Sie sind in der Lage, folgende Kreisprozesse einzustelllen:

  • Stirling-Prozess (Beta- und Gammakonfiguration)
  • Ericsson-Prozess (alphagamma® Technologie)
  • Rider-Prozess (Alpha-Konfiguration)

Ganz nebenbei lernen Sie auch die Auswirkungen der alphagamma® Technologie kennen, indem Sie sowohl die Kolbenkräfte als auch die Arbeitsverteilung der beiden Kolben in weiten Bereichen beeinflussen können. Der Einfacheit halber gestalten wir den Ablauf der Kolbenbewegung diskontnuierlich. Die hinterlegten Formeln des Berechnungsprogrammes sind jedoch auch geeignet, kontinuierliche Abläufe zu berechnen. Dazu sind lediglich statt des schrittweisen Bewegungsaublaufes die sinusähnlichen Kolbenbewegungen des Kurbeltriebes einzustellen.

Basis für die Berechnungen bildet eine Zweikolbenmaschine mit einer Dimensionierung, die in ähnlicher Form praktisch ausgeführt wurde. Kernelement bildet ein stufenförmiger Expansionskolben (im Beta- und Gammaprozess als Verdrängerkolben bezeichnet), dessen kleiner Durchmesser beliebig in den Grenzen 0 – MAX eingestellt werden kann.

Für Einsteiger möge folgende Anleitung einen ersten Eindruck verschaffen:

Schritt 1: Öffnen Sie das Excel File. Verändern Sie zunächst einmal keine Eingaben.

Schritt 2: Studieren Sie das Feld „Explanation and Instructions“ in Verbindung mit dem Basis-Design der Stirling-Zweikolbenmaschine mit 90 Grad Zylinderversatz.

Schritt 3: Stellen Sie farblich markierte Eingabe in Zeile 6 „Step piston diameter [m]“ zunächst auf den Wert „0“. Sie haben damit eine ideale Gamma-Maschine konfiguriert. Betrachten Sie das P-V Diagramm, das mit dem typischen Stirling-Kreispozess übereinstimmt. Achten Sie insbesonders auf die Arbeit des Expanisonskolbens (hier als Verdrängerkolben wirkend) in Zeile 29. Sie beträgt den Wert „0“, d. h. dass dieser Kolben keine Arbeit abgibt. Die gesamte Arbeit leistet der waagrecht liegende Arbeitskolben (in der Alpha-Version Kompressionskolben genannt).

Schritt 4: Selbstvertändlich kann ein Verdrängerkolben nicht ohne Kolbenstange bewegt werden. Stellen Sie daher den Wert in Zeile 6 „Step piston diameter [m]“ auf „0,020“, als Eingabe für eine Kolbenstange mit 20 mm Durchmesser. Sie bemerken, dass der Verdrängerkolben beginnt, sich zu einem Arbeitskolben zu wandeln. Er gibt bereits eine kleine Arbeit von 30,3 Joule ab.

Schritt 5: Ändern Sie den Wert in Zeile 6 auf „0,059“. Dies führt zu einer weitgehend gleichen Arbeitsverteilung zwischen den Kolben.

Schritt 6: Ändern Sie den Wert in Zeile 6 auf „0,090“. Das P-V Diagramm zeit einen typischen Ericsson-Prozessverlauf.

Schritt 7: Ändern Sie den Wert in Zeile 6 auf „0,110“. In diesem Fall existiert kein Stufenkolben mehr, und der Prozessablauf stellt in erster Näherung eine Alpha-Konfiguration dar. In erster Näherung deshalb, weil der Alpha-Prozess (auch Rider-Prozess genannt) zwei Isochoren enthält, die eine gleichzeitge Bewegung beider Kolben bedingt. Infolge der groß gewählten Wärmetauschervolumen relativieren sich die Abweichungen zu kleinen Werten.

Weitere Variationen: Sie haben in den Feldern „Inputs“ die Möglicheit, alle Werte zu verändern. Wir empfehlen zunächst Variationen in Zeile 11 „gas mass [kg]“. Damit bestimmen Sie den Mitteldruck der Maschine in Zeile 27 und einhergehend selbstverständlich auch die Arbeit bzw. Leistung. Legen Sie beispielsweise eine bestimmte Leistung (z.B. 10 kW) als Berechnungsziel fest und experimentieren Sie in den Zeilen 6 und 11 mit Werten, die zu minimalen Kolbenkräften bei gleicher Leistung führen. So sind Sie auf dem besten Weg, sich spielerisch zu einem Experten in der Stirlingtechnik zu entwickeln.

Viel Spass beim Experimentieren wünscht Ihnen,

Franz Diermaier
franz.diermaier@frauscher-motors.com

Titelbild: frauscher thermal motors